DezemberDezember

Es war einer jener kalten, klaren Dezemberabende.
Weihnachten stand vor der Tür und der erste Schnee lag in der Luft.
Ich fuhr von meiner Arbeitsstelle nach Hause. Die Schönheit des Abends ging hinter der Sorge verloren, dass mein Auto nicht ganz in Ordnung war.
Meine Aufmerksamkeit wurde von den Plänen für den kommenden Abend und für die unerledigt liegengebliebene Arbeit im Büro gleichermaßen in Anspruch genommen.
So kam es, dass ich den kleinen Jungen erst im letzten Moment sah, doch da war ich auch schon vorbei. Dick eingemummelt marschierte er da zwischen zwei Ortschaften, mutterseelenallein mit einem gepackten kleinen Rucksack. Süß!
Unverantwortlich, dachte ich. Eigentlich müßte ich anhalten, ihn fragen wo er hinwolle, ihm helfen!
Er war schon einen Kilometer hinter mir - zu spät!
Es würde sich schon jemand finden, der sich um ihn kümmerte, und vielleicht war er ja auch gar nicht allein.
Ich laß dann in der Zeitung:
Er suchte den Weihnachtsmann und fand den Tod!

Ich kannte ihn nicht, hab ihn nie zuvor gesehen, wußte nicht wo er wohnte, wie er hieß. Ich habe niemandem erzählt, daß ich ihn sah.
Verdammt, ich habe ihn auch nicht überfahren!
Ich trage doch keine Schuld! Oder?
Warum kann ich seither nicht mehr ruhig schlafen?

Dezember - ©1982